Die Schweiz unterstützt die nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen. Diese sind auch für unsere Industrie Orientierung auf dem Weg zu einer Kreislaufwirtschaft oder zur Reduktion des CO2-Ausstosses in unserer Wertschöpfungskette. Der Klimawandel mit seinen Auswirkungen wie Hitze, Starkniederschlag und Trockenheit fordert auch den Gebäude- und Infrastrukturpark. Diese und weitere Herausforderungen sind Chancen für eine aktive Mitgestaltung der Lebensqualität der Menschen in unserem Land. Baukultur ist inter- und transdisziplinäre und umfasst die vielfältigen Interessen und Anliegen in Bezug auf den gestalteten Lebensraum. Neue Zusammenarbeitsmodelle werden geprüft und bereits umgesetzt. Initiativen für eine partnerschaftliche Zusammenarbeitskultur über den ganzen Wertschöpfungsprozess hinweg gewinnen in Anbetracht der steigenden Komplexität von Bauprojekten und der herausfordernden Rahmenbedingungen wie Fachkräftemangel, Lieferengpässe, volatile Energiepreise und einer generell instabilen Welt- und Finanzwirtschaft an Bedeutung. Zur Bewältigung dieser Herausforderungen braucht es Daten, digitale Instrumente und Investitionen in Forschung und Entwicklung.
Wie beurteilen Sie die Herausforderungen?
Dies führt dazu, dass die ökologische und die wirtschaftliche Fertigung bereits in der Planung integriert beachtet werden kann. Eine systematische Modularisierung schafft die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die industrielle Vorfertigung von skalierbaren Bauteilen, reduziert die Komplexität, senkt die Baukosten und verkürzt die Bauzeiten. Systematisierte Bauteile und Dienstleistungen ermöglichen eine zunehmende Markenidentität. Sie können an das Design angepasst und von einer Produktgeneration zur nächsten verbessert werden. Die Produkte werden ‘just in time’ an den Montageort versandt und dort montiert. Unsere Baukultur entwickelt sich im Spannungsfeld zwischen Systematisierung und Gestaltungsfreiheit weiter.
Wie schaffen wir es, die Forderungen nach Nachhaltigkeit, Kostenreduktion und Gestaltungsqualität in Einklang zu bringen?
Dieser Herausforderung begegnen Unternehmen, indem sie sich auf Nischen und Segmente spezialisieren oder – im Gegenteil – sich öffnen und generalisieren. Nur so können sie Wettbewerbsvorteile aufbauen. Kenntnisse sehr spezifischer Materialien, der Fokus auf Teilsegmente, die Spezialisierung auf einzelne (Teil-)Prozesse oder die Konzentration auf spezifische Bauweisen sind Beispiele dieser Veränderungen. Infolge solcher Neuausrichtungen werden sich Unternehmen weiterentwickeln, dabei neues Wissen und neue Fähigkeiten aufbauen, und sie werden sich vernetzen müssen. Digitale Werkzeuge treiben genauere und frühere Spezifikationen voran. Dies senkt Risiken und Anforderungen im Prozess und vereinfacht insbesondere das Management der Lieferkette. Die Neupositionierung und Klarheit über die zukünftige Ausrichtung der Tätigkeiten werden den Bedarf für die Einführung digitaler Arbeitsmittel bestimmen.
Jedes Unternehmen muss sich fragen: Wie wollen wir uns weiterentwickeln? Wo sehen wir unsere Zukunft, eher stark spezialisiert oder als Generalist?
Im Zentrum jedes Bauobjekts steht der Digital Twin, der digitale Zwilling, der das reale Bauobjekt digital repräsentiert und visualisiert. Von der Bestellung, Entwicklung, Planung, Ausführung bis zum Betrieb, liefern und nutzen alle gemeinsam die strukturierten und maschinenlesbaren Daten. Die so geteilten Informationen und die Möglichkeit von Simulationen führen zur besseren Entscheidungsfindung in einem frühen Stadium des Prozesses.
Zudem können Unternehmen die wichtigsten Aktivitäten entlang der Wertschöpfungskette, wie Design und Engineering, Fertigung, Logistik und Montage, kontrollieren. Die Folge sind eine zunehmende Vernetzung der Wertschöpfungskette durch vertikale Integration – das heisst von der Planung bis zum Unterhalt – sowie strategische Allianzen, beziehungsweise Partnerschaften und Vertragsmodelle, die auf Kollaboration ausgerichtet sind.. Es braucht eine voll digitalisierte Wertschöpfungskette.
Sind Sie bereit, diesen Schritt zu gehen?
Produktbasierte Ansätze mit höherer Standardisierung und Wiederholbarkeit bevorteilen Ansätze mit Skalierung. Grösse ist also entscheidend – ‘Size matters’. Das hat zur Folge, dass sich spezialisierte Betriebe in spezifischen Teilen der Wertschöpfungskette vergrössern und/oder, dass sie über die Wertschöpfungskette hinweg zu Generalisten wachsen, welche die Prozessvorteile auf ihrer Seite zu nutzen verstehen. Andere werden verschwinden. Diese Konsolidierung hat das Potenzial, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken und ist somit eine Chance, sofern sich die Beteiligten dieser Situation aktiv stellen.
Unternehmen können sich mit anderen vernetzen oder ihren Weg alleine gehen. Was machen Sie?
Eine überzeugende Marke schafft eine Verbindung der Produkte, für die das Unternehmen bekannt ist, mit den Werten, die es nach innen und aussen vertritt. In der Markenbildung sind die Grundwerte der Unternehmung abgebildet. Sie sprechen die Zielgruppe direkt an. Eine starke Marke bindet Kunden enger an die Produkte der Unternehmung und hilft, Beziehungen aufzubauen, zu pflegen und neue Kunden zu gewinnen.
Wie wird Ihr Unternehmen wahrgenommen? Für welche Werte stehen Sie ein?
Für die Produktion und Logistik ausserhalb des Bauplatzes braucht es Anlagen, Fertigungsmaschinen und Ausrüstung wie Robotertechnik zur Automatisierung der Fertigung, aber auch neue Werkzeuge, zum Beispiel für die Planung der Ressourcen (ERP) oder für ein kollaboratives Projektmanagement (CPM). Ohne Investitionen in Technologien, in die Forschung und Entwicklung ist diese Industrialisierung, Modularisierung und die notwendige Überwachung der Wertschöpfungskette nicht möglich. Auch für spezialisierte oder stärker produktorientierte Unternehmen gewinnen diese Investitionen an Bedeutung.
Wie können wir diese Veränderungen stemmen?
Die Verantwortlichen und die Mitarbeitenden haben oft eine unterschiedliche Wahrnehmung, was die Bereitschaft zur und die Unterstützung bei der Veränderung und Digitalisierung betrifft. Der Mehrwert der digitalen Transformation liegt in der Umsetzung und hängt entscheidend von den Mitarbeitenden ab. Sind diese umfassend vorbereitet, geschult und eingebunden, werden sie zum wesentlichen Treiber von Innovation und neuen Lösungen. Leider bleiben Fähigkeiten und Talente oft verborgen, weil immer wieder nach den gleichen Profilen gesucht wird. Das Freisetzen dieser brachliegenden Ressourcen ist ein Faktor, der über den unternehmerischen und ökologisch nachhaltigen Erfolg in Zukunft entscheiden wird.
Welche Talente und Fähigkeiten werden das sein?
Die Herkunft der Ressourcen ist oft international, die weltweite Finanzpolitik hat einen grossen Einfluss auf unsere Rentabilität. Die Digitalisierung verlangt nach Investitionen, bei denen der Gewinn die Kosten oft bei Weitem nicht deckt. Dies ist eine beunruhigende Nachricht für Unternehmen und Branchen, die hoffen, die digitalen Kräfte direkt in wirtschaftliche Vorteile umwandeln zu können. Stattdessen stellen sie fest, dass die Digitalisierung profitable Produkt- und Dienstleistungsangebote entbündelt. Das Vertrauen in Normen steht in Konkurrenz mit der geforderten Schnelligkeit. Daten müssen gleichzeitig sensibel behandelt und offen für andere zur Verfügung gestellt werden.
Die Digitalisierung stösst aber auch Automatisierungslösungen an, die einen Trend zur lokalen Lieferkette und zur Re-Industrialisierung erkennen lassen. Die Verbindung aus dem globalen Zugang auf Daten und lokal verfügbaren sowie sinnvoll nutzbaren Ressourcen schafft neue Möglichkeiten für Angebote und Produkte. Dabei steht die Nachhaltigkeit im Zentrum der Geschäftstätigkeit. Die Zusammenarbeit innerhalb der Branche und über Branchen hinweg schafft nicht nur die Möglichkeit einer breiteren Wertschöpfung, sondern erschliesst auch neue Kunden und Märkte.
Wie positionieren Sie sich in diesem Prozess und wie finden Sie die Balance zwischen Sicherheit und Geschwindigkeit, zwischen Globalisierung und Nähe?
Das nwd will mit den erarbeiteten Impulsen:
Wie finden Sie diesen Impulstext?
Was fehlt oder könnte verbessert werden?
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Kommentare
Hier fehlt die Frage des Lebenszyklusdenkens. Es geht nicht nur um Liefer- sondern auch um Unterhalts- und Entsorgungsketten. Das Bewusstsein für digital, bedarfsgerecht gesteuerten Unterhalt und Health Monitoring von Bauwerken ist auch beim NETZWERK_DIGITAL noch unterentwickelt…
Sehr geehrter Herr Hohberg, Besten Dank für den Hinweis. Wir hatten nicht den Anspruch auf Vollständigkeit und sind froh, wenn wir weiter dazu lernen können.
Herzliche Grüsse
netzwerk_digital
Das ist ein relativ guter Punkt, z.B. die Integration der Entsorgungsinformation in die Bauteile (RFID) oder als BIM-Attribut
Sehr geehrter Herr Hohberg, Besten Dank für den Hinweis – wir nehmen das gerne auf. Da sich die Impulse gegenseitg beeinflussen (Fachkräftemangel) ist es immer auch die Frage der Überlappungen und damit der doppelten Beschreibungen. Wir haben versucht, diese weitgehend zu vermeiden.
Herzliche Grüsse
netzwerk_digital
Die Kausalität zwischen Umweltfragen, Raumentwicklung und Digitalisierung ist m.E. überhaupt nicht zwingend.
Sehr geehrter Herr Hohberg,
Besten Dank für Ihre Rückmeldung. Wir werden das gerne prüfen und für die weiteren Überarbeitungen einbeziehen. Wir hatten bereits angeregte Diskussionen in diese Richtung und der Vorstand kam zum Schluss, dass die Herausforderungen der Fragestellungen aus der Umwelt und Raumentwicklung mit Hilfe der Digitalisierung – sei es in der Analyse oder in der Lösungsfindung – sehr wohl einen Zusammenhang hat.
Herzliche Grüsse
netzwerk_digital
Mitteilung/Anregung: sehr anschaulich, jedoch würden mich die Abgängigkeiten der Themen interessieren. Wir können ja nicht alles auf einmal erreichen.
Herzlichen Dank für Ihre Rückmeldung,
Herzliche Grüsse
netzwerk_digital